Sonntag, 20. September 2015

SpaM #17 - Kosmos im Herbst 2015

Kosmos so: Hey Martin, willst Du Dir mal unsere Neuheiten anschauen?
Ich so: Hell yeah, aber das is schon ein bisschen weit bis nach Stuttgart.
Kosmos so: Kein Ding, wir treffen uns auf halber Strecke in... *Geodreieck an Dierckes Weltatlas leg*... in Roßdorf!

(Roßdorf ist laut Google Maps 182 km von Siegburg und 180 km von Stuttgart entfernt. Man hat mich also um einen Kilometer beschissen, aber vermutlich war das besser so: 181 km von Siegburg und 181 km von Stuttgart entfernt liegt nämlich ein Rübenacker.)

Am vergangenen Freitag-Abend und Samstag-Vormittag durfte ich also zum zweiten Mal beim Kosmos-Presse-Event mitspielen. Normalerweise wäre das jetzt eine super Gelegenheit, um auf den Vorjahresbericht zu verweisen... Aber den habe ich dummerweise nie geschrieben. Egal, dieses Jahr mache ich das mal, und kann mir dabei ganz sicher sein, dass der Kollege Christoph Box von der Brettspiel-Post Christoph Post von der Brettspielbox und der gute Herr Resch mich nicht in ihrer Berichterstattung überholen können. Die beiden waren nämlich gar nicht dabei. Hähähä!

Genug der Gehässigkeit, ab ans Eingemachte. Ich konnte quasi alle relevanten Neuheiten spielen, und habe mir natürlich aufgrund dieser einen kurzen Spielerfahrung schon halbgare Urteile gebildet, die ihr wieder an den unglaublich innovativen Kastenfarben nach Ampelsystem erkennen könnt. Das ganze fällt dabei dieses Mal etwas ausführlicher aus als letzte Woche bei Pegasus. Ich habe Zeit, weil meine Freundin (Gladbach-Fan) aus fussballtechnischen Gründen derzeit nicht mit mir redet (Efffzeeeeeh!!!)... :P

Die Legenden von Andor: Chada & Thorn
Gerhard Hecht, 2 Spieler
Die Karawane zieht weiter, und zwar von Kashgar über die A4 und dann runter am Kreuz Kerpen Richtung Andor. Gerhard Hecht hat den aus seinem Erstlingswerk bekannten Kartenreihen-Mechanismus in einem kooperativen Zweispieler-Andor neuverwurschtelt. Bevor ihr jetzt aber alle weglauft, weil ihr Kashgar genau wie ich eher nur so mittelmässig fandet: Kooperativ funktioniert das ganze meiner Meinung nach deutlich besser, und ich weiß sogar, warum das so ist: Kashgar krankte für mich etwas daran, dass es zu anstrengend war, die gegnerischen Kartenauslagen mit in die eigene Planung einzubeziehen. Im kooperativen Andor-Spiel schweigt sich der Mitspieler aber nicht mehr über die eigene Kartenauslage aus, sondern weist eben permanent auf die künftigen Möglichkeiten hin... weil es eben kooperativ ist!



Ersteindruck: Reizvoll, und eventuell sogar für Leute interessant, die (Kashgar) oder (Andor) oder sogar (Kashgar und Andor) nicht mochten.

Tumult Royal
Klaus Teuber und Benjamin Teuber, 2 bis 4 Spieler
Letztes Jahr hatte Klaus Teuber auf dem Kosmos-Treffen verkündet, in Zukunft nur noch mit seinem Sohn Benjamin Teuber Spiele entwickeln zu wollen (Ich berichtete hier nicht darüber.) Dieses Jahr erleben wir nun die erste Frucht dieser gemeinsamen Arbeit, und was soll ich sagen: Der Bursche scheint neuen Schwung rein gebracht zu haben. Nachdem Teuber-Senior jahrelang fast nur Catan-Gedöns gemacht hat und 2014 mit dem "Nicht-Catan-aber-irgendwie-doch-nach-Catan-Welt-aussehenden" Norderwind eher nicht auf allzu große Gegenliebe gestoßen war, ist das hier nun endlich nochmal ein "Nicht-Catan"-Teuber, den ich im Ersteindruck reizvoll finde.

Auf den ersten Blick sieht das ganze erstmal recht gewöhnlich aus: Wir streiten auf einem gemeinsamen Spielplan um unterschiedliche Landschaftsfelder, auf denen wir unsere Figürchen einsetzen wollen, weil eine eingesetzte Figur quasi einem Siegpunkt entspricht. Zum Einsetzen brauchen wir - abhängig vom Feldtyp - unterschiedliche Rohstoff-Kombinationen. Eine Wiese ist schön billig (ein Brot und ein Marmor), ein Burg-Feld hingegen sehr teuer (zwei Marmor und drei Werkzeuge), aber trotzdem lohnenswert, weil man dort gleich drei Figuren los wird. Ungewöhnlich ist der Mechanismus, mit dem die Rohstoffe in jeder Runde unter den Spielern verteilt werden. Brot, Marmor und Werkzeug liegen als verdeckte Plättchen in der Tischmitte und werden von den Spielern auf Kommando wild gegrapscht. Zwanzig Sekunden hat man dafür Zeit, was danach auf dem eigenen Tableau liegt, darf verwendet werden. Allzu gierig sollte man aber nicht vorgehen, denn das Volk hat auch so seine Ansprüche: Zu Beginn einer Runde wird per Drehscheibe bestimmt, wie viele Rohstoffe jeder Sorte das Volk nach der Grapsch-Phase selber haben möchte, und wenn in der Mitte dann von einem Rohstoff nicht genug übrig geblieben ist, muss der gierigste Spieler einen Großteil der entsprechenden Rohstoffe abgeben.





Ein witziger Mechanismus, der sicher nicht jedermanns Sache sein wird, bei uns und auch an den Nebentischen aber für einige emotionale Ausbrüche gesorgt hat.

Ersteindruck: Macht Laune, nach hinten raus waren bei uns zu viert aber kaum noch attraktive Bauplätze übrig. Trotzdem: Ich bin erfreut über ein endlich nochmal mutig-anderes Spiel.

Machi Koro - Großstadt-Erweiterung
Masao Suganuma, 2 bis 4 Spieler
Mir hatte Machi Koro ja in der "Komme was wolle"-Variante am besten gefallen. Mit der Großstadt-Erweiterung ist diese nun fest als Spielmodi zementiert, wobei die Kartenauslage hierfür noch so angepasst wurde, dass immer fünf niedrige, fünf hohe und zwei besondere Unternehmen im Angebot liegen. Enthalten sind in der Erweiterung zwei neue Kartensätze, die man beliebig in das Spiel integrieren kann. Neben den typischen "More-of-the-Same"-Karten sind dabei auch ein paar nette neue Sonderfunktionen, mit denen wir zum Beispiel bestimmte Unternehmen "in Urlaub schicken" und somit kurzzeitig deaktivieren können, was natürlich insbesondere gegen die ein oder andere Extremstrategie ganz nett sein kann. Andere Unternehmen geben uns zum Beispiel Ertrag abhängig von der Anzahl schon gebauter Großprojekte.



Apropos Großprojekte: Von denen gibt es nun auch drei neue, wobei wir eines davon praktischerweise bereits zu Spielbeginn gebaut haben: Das Rathaus gibt uns eine Gnadensubvention von einer Münze, wenn wir in der Bauphase ohne Kohle dastehen. Die Anzahl der Züge, die mit den Worten "Boah, ich kann eh wieder nix kaufen" enden, wird dadurch deutlich dezimiert. Mit Hilfe des Hafens können wir hingegen bei Würfel-Ergebnissen von mindestens zehn exakt zwei Punkte hinzuaddieren, was auch erklärt, wieso es plötzlich Karten mit einem Aktivierungswert von bis zu 14 gibt. Das letzte neue Großbauprojekt (Flughafen) spült uns ordentlich Kohle in die Tasche, wenn wir in unserem Zug auf die Kauf-Option verzichten. Dafür gibt es dann gleich zehn Taler, allerdings will der Flughafen mit 30 Münzen auch erstmal bezahlt werden.

Achja, was aber noch ein bisschen doof ist: Wenn ich das richtig sehe, dann fehlt in der Anleitung die Anmerkung, dass man mit weniger als vier Spielern von den besonderen Unternehmen nur jeweils eines pro Spieler verwenden sollte, da ansonsten die Kartenauslage an dieser Stelle irgendwann "verstopft".

Ersteindruck: Love it or hate it. Ich mag die zusätzliche Varianz sehr. Allerdings bedeutet das Mehr an Karten natürlich auch, dass es auf den Tischen noch enger wird.

Steam Time
Rüdiger Dorn, 2 bis 4 Spieler
Ich habe mir im Kindesalter vor zwei Jahren zu Halloween mal Grusel-Milchreis gemacht, indem ich da einfach grüne Lebensmittelfarbe reingemischt habe. Sah voll eklig aus, hat überraschenderweise aber trotzdem nach gewöhnlichem Milchreis geschmeckt. Tja, genau so schmeckt auch Steam Time... Also nicht nach Milchreis... Aber eben gewöhnlich, und das trotz all der bunten Farbe und dem abgedampften Zeitreise-Thema. Im Endeffekt tun wir hier das, was wir aus 42 anderen Eurogames vorher auch schon kannten: Wir platzieren Arbeiter (hier: krasse Zeitreise-Zeppeline), um über die gewählten Aktionsfelder Geld zu sammeln, Rohstoffe zu kaufen, Karten mit Sondereffekten zu ziehen, Rohstoffe in Ausbauten zu investieren, Rohstoffe zur Erfüllung sofortiger Aufträge auszugeben oder Auftragskarten für das Spielende zu sammeln. Zum Glück gibt es aber ein paar nette Schlenker: Zum einen dürfen wir aus zeitstromtechnischen Gründen die Aktionstableaus nur von unten nach oben besuchen. Habe ich mit dem ersten Zeppelin ein Aktionsfeld in der dritten Reihe gewählt, kann mein nächster nur noch höher platziert werden. Außerdem nett: Jede Aktion löst eine Sekundäraktion aus, deren Stärke abhängig davon ist, wie viele Kristalle der passenden Farbe ich aktuell auf meinem Tableau angesammelt habe. Da man die Kristalle aber auch immer wieder ausgeben muss, hat man hier ein schönes Dilemma: Wenn ich was kaufe, verschlechtere ich auf absehbare Zeit meine Sekundäraktionen.



Das Thema ist bei der ganzen Geschichte vollkommen austauschbar. Ob auf den Sonderkarten jetzt irgendwelche historischen Personen abgebildet sind oder nicht, merkt man beim Spielen kaum. Der einzige Moment, in dem ich dachte "Jau, das ist thematisch cool", war der Einsatz von "Mr. Time", einer Sonderfigur, die man unter bestimmten Voraussetzungen einsetzen darf, und die dann eben entgegen dem Zeitstrom doch wieder Orte aufsuchen kann, an denen man eigentlich schon vorbei gerauscht war. Ansonsten hätte das vom Thema her aber auch alles sein können. Zum Beispiel was mit Piraten oder so.

Ersteindruck: In Ordnung. Eher gewöhnliches Worker-Placement-Spiel mit ein paar netten Schlenkern.

Rumms
Oliver Sibthorpe und Gary Sibthorpe, 2 bis 4 Spieler
"Nanu, stehen da die Autoren gar nicht auf der Schachtel-Vorderseite?"
"Oder heißt der Autor vielleicht einfach so? "Rumms"? Vielleicht ein Norwege oder sowas?"

Nein, das Spiel stammt von den beiden Briten Oliver und Gary Sibthorpe. Keine Ahnung, warum die Namen nicht vorne auf der Schachtel stehen. Wurscht. Der Titel jedenfalls ist passend gewählt, denn bei Rumms geht es ziemlich brachial zur Sache. Die beiden Spieler (bzw. Teams bei mehr als zwei Spielern) haben jeweils eine Armee von Würfeln, die sie auf dem großformatigen Mousepad-Spielfeld aufstellen, um sie sich anschließend gegenseitig um die Ohren zu schnippsen. Ziel dabei ist der gegnerische Königs-Würfel: Wird dieser vom Spielplan gefegt, hat man das Spiel gewonnen. Die übrigen Würfel haben teilweise Sonderfunktionen und eine unterschiedliche Wahrscheinlichkeit, in der gegnerischen Spielplan-Hälfte draufzugehen (jenachdem, welche Würfelseite dann oben liegt).





Nach meinem Eindruck sollte man sich beim Schnippsen aber einvernehmlich ein bisschen zügeln, denn sonst können die Partien arg schnell rum sein. Und wenn so ein Hartplastik-Würfel zu feste geschossen wird, sind Trink- und Fenstergläser arg gefährdet.

Ersteindruck: In Ordnung. Hat das Potential zum trashigen Klassiker und wird vermutlich grade Kids faszinieren.

Top & Flop
Dominic Crapuchettes, 4 oder mehr Spieler
Ist in den Staaten schon seit Ewigkeiten als "Wits & Wagers" auf dem Markt und dabei überaus erfolgreich: Im vergangenen Februar vermeldete der Verlag North Star Games den Verkauf des 1.000.000sten Exemplars. Das ist, wie ihr vermutlich wisst, in der Spielebranche eine ziemlich Hausnummer. In Deutschland ist das Quiz-Spiel trotzdem nahezu unbekannt. Für den deutschen Markt gab es mit "Gambit 7" bei Days of Wonder mal eine Adaption mit ein paar Regeländerungen, die aber scheinbar nicht so erfolgreich war und bald wieder in der Versenkung verschwandt. Keine Ahnung warum, ich habe das damals nicht mitbekommen. Jedenfalls versucht Kosmos es nun nochmal.

Bei Wits & Wagers (a.k.a Top & Flop) müssen die Spieler alleine oder in Teams Quizfragen beantworten. Die Antwort ist dabei immer irgendein Zahlenwert, zum Beispiel eine Angabe in Metern, Kilo, eine Jahreszahl, eine Menschenanzahl oder was auch immer. Alle Teams notieren ihre Antwort, die anschließend aufgedeckt und der Größe nach sortiert wird. Bevor nun das richtige Ergebnis verkündet wird, können alle Teams noch mithilfe von Chips darauf wetten, welche Antwort als Top-Antwort am nächsten an der tatsächlichen Antwort liegt, ohne diese zu überschreiten. Durch diese Wettchips kann man also auch am fremden Wissen mitverdienen, wenn man zum Beispiel ahnt, dass der Mitspieler Tom Felber als riesengroßer Modern-Talking-Fan genau weiß, wie viele "Nummer 1"-Hits Dieter Bohlen hatte. In der siebten und letzten Runde geht es dann nochmal ums Ganze, denn in dieser Runde kann man auch bereits gewonnene Punkte nochmal verwetten, wobei ich ehrlich gesagt auch nach der zweiten Partie noch nicht kapiert hatte, wie diese finale Wertung genau funktioniert. Egal, wir schieben das auf die Uhrzeit (es war mittlerweile nach 1 Uhr nachts).



Das Spielsystem hat Potential, hängt aber natürlich sehr von der Umsetzung ab: Ich bin gespannt, ob die Redaktion hier gute Fragen gefunden hat. In den 14 Fragen, die wir gespielt haben, ging es gefühlt sehr oft um Geschehnisse aus dem vergangenen Jahrhundert. Ansonsten hatten wir ein paar spaßige Momente, etwa als zwei Spieler zufälligerweise den selben krummen Zahlenwert getippt haben, als es um die Größe des ursprünglichen Gozilla-Monsters ging (siehe oben).

Ersteindruck: Ich bin gespannt... auch, ob ich die Endwertung bei Tageslicht dann doch noch kapiere.

Ihr seht, ich bin bislang ganz zufrieden mit dem, was Kosmos da im Köcher hat. Nur der Sicherheit halber sei aber nochmal darauf hingewiesen: Das waren hier lediglich ERSTEINDRÜCKE. Da kann sich noch einiges tun, sowohl nach oben als auch nach unten.

Adieu!

5 Kommentare:

  1. Ich hol schon wieder auf!

    Lg,
    Alex - der gute Herr Resch (Boardgamejunkies)

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  2. Ist das ein Proto von Top und Flop? Ich hatte ja wirklich gehofft, dass Spiel würde mal 1:1 umgesetzt werden, nur halt mit deutschen Fragen. Wits & Wagers ist so, wie es ist, einfach unschlagbar gut, ich verstehe nicht, warum man das groß ändern muss?
    Die Tafeln auf dem grünen Filz platzieren, nach jeder Frage wetten... das hat was von Casino und ist ein geniales Spiel. (Das man leider nicht besonders gut mit Europäer spielen kann, weil die Enheiten Inch, Feet, Miles usw. sind). Schade, eigentlich hätte man nur metrische Einheiten nehmen müssen...

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    1. Hey Hendrik,

      ehrlich gesagt weiß ich das gar nicht so genau. Die Karten waren jedenfalls noch nicht final gedruckt. Das übrige Spielmaterial sah schon recht fertig aus. Eine Filzmatte habe ich nicht gesehen.

      "eigentlich hätte man nur metrische Einheiten nehmen müssen..."

      Ich habe mal gehört, dass die Fragen im Original zu USA-lastig seien, also hätte man da vermutlich doch noch etwas mehr machen müssen, oder? Wenn in einem Spiel für den deutschen Markt z. B. immer nur gefragt wird, auf wie viel Prozent der US-amerikanischen Bürger dies oder jenes zutrifft, dann wäre dass doch auch eher nicht so prickelnd...

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  3. Hallo Martin, das stimmt schon, viele Fragen beziehen sich auf die USA. Ich meinte eigentlich, dass man nur an die Fragen rangemusst hätte, nicht ans Spielprinzip, was anscheinend geändert worden ist.
    Die Hälfte der Fragen, grob geschätzt, hätte man aber einfach übersetzen können mit deutschen Maßeinheiten.
    Na ja, ih bin mal gespannt aufs Endprodukt.
    Glückwunsch zu den 500k Zuschauern. Die Explosion zum ersten Weihnachtstag finde ich cool. Gut, dass normale Leute nach Videos suchen.

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  4. Hey Martin,

    "Rumms" ist ein Reprint vom 2013er Spiel "Cube Quest", was auch vom Dice Tower schon gehyped wurde und wovon es auch live play-Videos gibt. Kannst du ja mal reinschauen, falls es dich weiter interessiert :) (Ist somit schon ein trashiger Klassiker, nur eben erst in den USA ;) )

    LG
    Tobias

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